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Die Pilotierung – ein wertvoller Schritt bei der Implementierung von IT-Projekten

Die Implementierung neuer Applikationen oder IT-Systeme stellt auch im Bankenumfeld eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Auf dem Weg zum Go-live und Rollout der Lösung erhalten vor allem die Konzeption und die technische Umsetzung besondere Aufmerksamkeit. Der Akzeptanz der Endanwender*innen wird dagegen oft vergleichsweise wenig Bedeutung beigemessen. Doch auch diese ist für den Projekterfolg entscheidend: Über eine Pilotierung lässt sich nicht nur wertvolles User-Feedback einholen – Fehlerrisiken werden ebenfalls systematisch minimiert.

Datum | 18.09.2024

Die Phasen eines Implementierungsprojekts

Die Einführung einer neuen Software verläuft in der Regel in fünf Phasen: Zum Projektstart wird im Zuge der Anforderungsdefinition auf Basis der Eckdaten ein erster Projektplan erstellt. Dieser Plan wird während der Planungsphase kontinuierlich ergänzt und mündet in einer fachlichen Spezifikation, die der Kunde abnimmt und freigibt. Im nächsten Schritt folgt der Systementwurf, der auf der fachlichen Spezifikation basiert. Dabei wird ein Systemmodell erstellt, das auch Testumfang, Testumfeld und Testplan genau beschreibt. Die anschließende Steuerungsphase umfasst die kontinuierliche Prüfung der Lösung durch definierte Testfälle. Sobald die festgelegten Qualitätsziele erreicht sind, wird die interne Abnahme bestätigt und das Produkt abschließend an den Kunden übergeben. 

Doch in welcher Projektphase erfolgt die Praxisvalidierung, die auch die Pilotierung umfasst? 

Definition und Bedeutung der Pilotierung

Bei der Pilotierung wird die neue Software von einer kleinen Anwendergruppe nochmals getestet. Sie erfolgt zu einem Zeitpunkt, zu dem ein neues oder angepasstes Softwareprodukt produktionsreif ist – alle wesentlichen Tests und Freigaben sind erfolgt. In der Pilotphase werden nun in einem definierten Umfeld technische, fachliche und organisatorische Aspekte mit Endnutzenden erprobt, um die volle Prozessfunktionalität sicherzustellen. Jetzt zeigt sich, ob die neue Software auch in der Praxis sämtliche Anforderungen erfüllt, benutzerfreundlich ist und reibungslos funktioniert. Dieses Feedback ist äußerst wertvoll, um die Akzeptanz und Funktionalität des Produktes zusätzlich zu den umfangreichen Tests des Projektes bestätigen zu lassen.

Sofern die Voraussetzungen dafür geschaffen sind, erfolgt die Pilotierung innerhalb eines festgelegten Zeitraums in einer gezielten Testumgebung – initiale Schwachstellen der Software und mögliche Querauswirkungen werden erkannt. So lassen sich auch in diesem Projektstadium noch unentdeckte Fehler gezielt identifizieren und beheben, bevor das Produkt flächendeckend eingesetzt wird: Ein sicherer Weg, um die Lösung aus der Projektphase in den Produktivbetrieb zu bringen. 

Mögliche Pilotierungsvarianten

Nicht immer verläuft eine Projektvalidierung und damit die Pilotierung kurz vor dem Produktivbetrieb. Je nach Implementierungsstrategie ist auch eine parallel zum Projektgeschehen verlaufende Praxisvalidierung möglich. Insbesondere bei komplexeren Projekten, die oft im Teilmigrationsverfahren erarbeitet werden, kann dies sinnvoll sein. Denn die Teilmigration ermöglicht eine schrittweise Einführung der neuen Software über drei Instanzen mit zeitlichem Abstand, um mögliche Fehler bereits vor der jeweils nächsten Instanz korrigieren zu können. 

Bei dieser iterativen Strategie nimmt zu Beginn eine kleinere Gruppe bereits eine erste Verprobung vor. Diese Gruppe wird anschließend um eine zweite Gruppe erweitert – zusätzliche Abteilungen oder Institute können nun einbezogen werden. Abschließend wird eine dritte Gruppe mit den restlichen Abteilungen bzw. Instituten hinzugezogen: Alle Nutzenden werden dabei mit dem neuesten Lösungsstand versorgt. 

Eine Software für viele oder nur für einen kleinen internen Kreis? 

Ein solcher Pilotierungsprozess ist zeit- und ressourcenintensiv, was bei kleineren Nutzergruppen eine große Herausforderung darstellen kann. Diese setzen deshalb oft auf eine Big Bang-Strategie: Dabei erhalten die beteiligten Abteilungen oder Institute zum gleichen Zeitpunkt die neue Software. Nach einem großen fachlichen Abnahmetest, der auch eine Pilotierung umfassen kann, erfolgt die vollständige Produktivnahme der Lösung. Personen, die nicht an den Tests beteiligt sind, lernen die Software dementsprechend erst im finalen Zustand kennen. 

Bei Projekten mit langen Laufzeiten, die kontinuierlich weiterentwickelt werden, kommt auch eine Small Bang Strategie und somit eine begleitende Pilotierung infrage. Bei dieser Variante werden regelmäßig kleine Releases mit sinnvollen Inhalten durchgeführt. Dadurch werden den testenden Personen kontinuierlich die Neuerungen in der Software präsentiert, wobei jede Neuerung wie ein kleiner „Big Bang“ wirkt. 

Das Fazit 

Erfolgreiche Implementierungsprojekte erfordern eine sorgfältige Planung und Durchführung. Dabei auch ein Pilotprojekt einzuplanen, ist ein wesentlicher Schritt im Implementierungsprozess: Neben möglichen technischen Problemen lassen sich so auch Schwachstellen beim User-Interface noch vor der Produktivnahme erkennen, gewichten und beheben. Zugleich bietet die Pilotierung die Möglichkeit, die Produktakzeptanz bei den Nutzer*innen zu bewerten, um einen nachhaltigen Mehrwert gemäß den definierten Anforderungen und Zielen zu schaffen. 

Welche Pilotierungsvariante dabei gewählt wird, ist individuell dem Institut und dessen Wünschen anzupassen. Je größer das Projekt und die Anzahl der Menschen ist, welche die einzuführende Software nachher nutzen ist, desto mehr sollte von einer Big Bang-Strategie abgeraten und ein Teilmigrationsverfahren mit begleitender Pilotierung empfohlen werden. Sorgfältig durchgeführte und gut dokumentierte Tests aus den vorherigen Projektphasen können dazu beitragen, die Aufwände rund um die Pilotierung zu reduzieren. 

So werden vor Beginn des Regelbetriebs einer neuen Softwarelösung sämtliche Risiken bestmöglich reduziert – für mehr Projekterfolg.

Die Autor*innen: 

Christin Hach ist Bankfachberaterin bei der Beckmann & Partner Beratungsmanufaktur, Part of X1F. Sie ist Bankbetriebswirtin, ISTQB Certified Tester - Foundation Level und bei den Kunden zuständig für Wertpapierorderprozesse inkl. Verbundpartnerkommunikation.

Bastian Bekemeier ist Prokurist bei der Beckmann & Partner Beratungsmanufaktur, Part of X1F. Er ist Mathematiker (B. Sc., MA. Sc.), Zertifizierter Projektmanager (IPMA Level C), Zertifizierter Tester und Börsenhändler. Im Kundeneinsatz ist er zuständig für FrontOffice-Systeme insbesondere im Bereich Wertpapiere, vor allem für große Finanzinstitute/Banken.